Eine Nacht unter den Sternen

Eine Story von Markus Euler
09.09.2024

In dieser Story

Ziel war die Saxer Lücke im Alpstein; sie befindet sich in der ersten Bergkette westlich des Rheintals in der Schweiz und trennt die Kreuzberge vom Rücken des Hohen Kastens durch einen Einschnitt ab. Als Motiv sollen in der Nacht die Kreuzberge unter der Milchstraße dienen.

Die Voraussetzungen sind perfekt. Wir kommen aus einem Wanderurlaub aus den Dolomiten und die Wettervorhersage sagt uns eine milde, sternenklare Julinacht vorher. Also gehen wir es an. Die Sorgen meiner Frau, ob denn das zusätzliche Gepäck für die geplante Übernachtung am Berg die Sache nicht doch ein wenig zu intensiv für sie gestaltet, wische ich mit einem „Ach was, du bist den Plattkofel hoch-gekommen, das waren 400 Höhenmeter mehr und außerdem war das in größerer Höhe“ weg. Also pa-cken wir am Samstagmittag unsere Rucksäcke und fahren in die Schweiz.

Wir starten unsere Wanderung in Bürlisau, die Temperaturanzeige im Auto zeigt beim Aussteigen 30°C an und schon auf den ersten leicht ansteigenden Metern dämmert mir langsam, dass der Rucksack doch ganz schön schwer ist. Schon bald steigen wir einen schmalen Pfad entlang eines Bachlaufs steil den Wald hoch. Es ist drückend schwül, der Schweiß läuft die Arme runter und tropft nach wenigen Mi-nuten von den Ellbogen. Ich merke schnell, dass auch meine Frau mit dem schweren Rucksack im steilen Gelände und den hohen Temperaturen, die ihr nicht zusagen, an ihre Grenzen stößt. Da wir – wie immer – knapp dran sind mit der Zeit, müssen wir uns beeilen. Ich hatte schon bei der Vorbereitung gelesen, dass die Saxer Lücke ein beliebter Platz zum Übernachten ist und die wenigen ebenen Schlaf-flächen schnell belegt sind. Ich beschließe also das Tempo nicht zu verlangsamen. Im Gegenteil, ich lege einen Schritt zu bis das Ende des ersten Steilstücks erreicht ist, lege dann den Rucksack in die Wiese und laufe meiner Frau entgegen, um ihren Rucksack das Steilstück hochzutragen. Als Team sind wir stark.

Im darauf folgende leicht ansteigende Gelände können wir nun die immer schönere Umgebung genießen und ich kann die ersten Bilder schießen. Auch die Luft wird mit jedem gewonnenen Höhenmeter klarer und frischer. Am Fälensee treffen wir auf den „Normalweg“, der sich von Bürlisau das Tal hochzieht und sehen ein paar andere Wandergruppen. Wir legen also nur einen kurzen (Foto)stop ein und gehen zügig weiter. Der nun wieder steil ansteigende Weg fordert seinen Tribut und der Blick meiner Frau gibt mir zu verstehen, ich solle nur zulaufen und uns einen Schlafplatz sichern, bevor ihn eine andere Gruppe belegt und wir dumm aus der Wäsche schauen. Wir nehmen die letzten Meter also getrennt voneinander in Angriff. Als ich die letzten Meter aufsteige, taucht die Sonne die Bergwelt um mich schon in warmes goldenes Licht, ich gehe den Weg am leicht ansteigenden Kamm entlang und sehe mich immer wieder suchend nach einem freien Schlafplatz um. Tatsächlich finde ich noch eine kleine abgeflachte Kuppe neben dem Weg, auf der das eingedrückte Gras signalisiert, dass hier schon andere genächtigt haben. Ich gehe beruhigt zurück und stehe auf dem Schlafplatz für die Nacht. Kurz darauf passiert mich eine Gruppe mit Schlafsäcken und Isomatten an den Rucksäcken – puh, Glück gehabt. Soweit ich sehen kann, ist in der näheren Umgebung mit gutem Blick auf die Kreuzberge kein weiterer Platz mehr frei. Wenige Minuten später kommt meine Frau erschöpft, aber glücklich an und das Abenteuer kann beginnen.

Nachdem wir unser Lager aufgeschlagen und uns von den Strapazen erholt haben, suche ich mir einen passenden Platz, um das Stativ für die Nacht aufzubauen. Mein Zielfoto ist ein Hochkant-Panorama, das die vom Licht des Rheintals beleuchteten Kreuzberge unter der Milchstraße zeigt und im 2:1 Format an die heimische Wand gebracht werden soll. Nach einigen Perspektivwechseln, Probefotos und Blicken in PhotoPills entscheide ich mich für einen kleinen Felsvorsprung gleich neben unserem Schlafplatz. Es gibt hier zwar nicht den perfekten Vordergrund, aber der Bewegungsradius ist beschränkt und ein Bild ist es nicht Wert ein Risiko einzugehen. Ich denke im Geheimen – wir brauche noch ein Zelt, dann hat man seinen Vordergrund immer dabei. Hätte ich es den Berg hochschleppen wollen? In diesem Moment: nein. Ich werde später auch so mit dem Ergebnis sehr glücklich sein.

Wir genießen die Abendstimmung und die Ruhe am Berg, während wir zu Abend essen. Den Sonnenun-tergang und vor allem die Stimmung in der blauen Stunde halte ich auf Fotos als Erinnerung an dieses Abenteuer fest. Die Lichter des Rheintals sind hierbei der Kontrast zu der Ruhe der Berge. Bevor wir uns gegen 23:00 Uhr in die Schlafsäcke legen, positioniere ich die Kamera auf dem Stativ und schieße ein letztes Mal Testfotos. Dann stelle ich den Wecker auf 1:00 Uhr.

Natürlich hätte es den Wecker nicht gebraucht – an richtigen Schlaf ist bei mir nicht zu denken. Ich beneide mal wieder meine Frau für ihre Fähigkeit in jeder Situation die Augen schließen und schlafen zu können. Sie wird den Großteil meiner nächtlichen Aktivitäten nur sehr peripher wahrnehmen. Selbstver-ständlich stehe ich vor dem Wecker auf, schäle mich aus dem Schlafsack und beginne mit den Auf-nahmen. Für das Panorama belichte ich zwei Reihen mit jeweils zwei Hochkant-Bildern, die ich später verrechnen werde. Um das Rauschen zu reduzieren, belichte ich je Bildausschnitt 10 Frames mit 20 mm bei Blende 2,2 für 20 Sekunden. Der ISO ist auf 3200 eingestellt. Nachdem ich das Panorama fertig habe, beschließe ich das Objektiv zu wechseln und eine Detailaufnahme der Kreuzberge mit dem Zent-rum der Milchstraße aufzunehmen. Da ich aufgrund der geringeren Offenblende und der durch die länge-re Brennweite reduzierte Belichtungszeit weniger Licht einsammle, entscheide ich mich dazu gleich einen Stack von 15 Bildern aufzunehmen, um auch diese Perspektive möglichst rauschfrei zu halten. Als nach zwei Stunden alle Bilder im Kasten sind, lege ich mich wieder in den Schlafsack und versuche vor dem Sonnenaufgang zumindest ein wenig Schlaf zu bekommen.

Die Morgendämmerung treibt mich mit dem ersten Licht aus dem Schlafsack und ich suche nach einem Ort um die Atmosphäre einzufangen, ganz besonders die von der Morgensonne in ein glühendes rot getauchten Kreuzberge. Auf dem Weg zurück zum Schlafplatz komme ich mit einem anderen Fotogra-fen ins Gespräch und wir fachsimpeln über unsere Motive, die wir in der Nacht fotografiert haben, wäh-rend wir uns gegenseitig Bilder am Display der Kamera zeigen. Die neue Bekanntschaft berichtet, dass er nur wenige Kilometer über den Grat von der Staubernbergbahn rübergekommen sei, was meine Frau mit entsetztem Erstaunen wahrnimmt als ich ihr später davon erzähle, hätte sie sich so doch einiges an Anstrengung sparen können.

Mir wird bewusst, dass wir auch heute noch eine richtige Wanderung vor uns haben. Als ich fertig mit Fotografieren (und Quatschen) bin, ist auch meine Frau aus dem Schlafsack gekrochen und wir gönnen uns ein kleines Frühstück, bevor wir unsere Sachen packen und die Rucksäcke schultern.

Auf uns wartet eine Wanderung im dauernden Auf und Ab zum Hohen Kasten hinüber und anschließend ein steiler Abstieg zurück zum Auto nach Bürlisau – wir sind Team Laufen statt Gondel fahren, das macht die Foto-Tour gleich zu einem Erlebnis. Nach einigen Stunden kommen wir erschöpft, aber glücklich am Auto an. Wir freuen uns auf frisches Wasser und die Dusche, wenn wir zuhause ankommen.

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Autor:in
Markus Euler
Ingenieure aus Süddeutschland
In drei Worten
- Berg Verliebt
- Sportbegeistert
- und dabei auf der Suche nach einem schönen Motiv
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- Berg Verliebt
- Sportbegeistert
- und dabei auf der Suche nach einem schönen Motiv

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