Experimente mit „Bewegter Kamera“

Eine Story von Andre Möller
09.08.2024

In dieser Story

Was fällt einem nicht alles ein, um die Lust am Fotografieren immer wieder neu anzufachen! Vor allem, wenn man nicht ständig auf Reisen ist, sondern, so übers Jahr hinweg gesehen, hauptsächlich die Landschaft vor der eigenen Haustür ablichtet. Obwohl natürlich gerade das eine Herausforderung sein kann. Wo die spektakulären Motive fehlen, beginnt man, einen ganz eigenen Blick für interessante Details und Perspektiven, für Lichtsituationen, Farben und Formen zu entwickeln. Eine bewährte Strategie ist es auch, sich bewußt zu beschränken und z.B. nur mit einer Festbrennweite loszuziehen, um zu sehen, was man damit ausrichtet. Ich verwende auch gerne alte analoge Objektive an meiner digitalen E-M5, die etwa bei Landschaftsaufnahmen im Herbst wunderschöne Bilder liefern, an denen nicht schon im Objektiv künstlich optimiert und “gerechnet” wurde. Hier haben noch ausschließlich die Gesetze der Optik das Sagen.

Aber drauf will ich gar nicht hinaus. Vom ewigen Einerlei der immer gleichen Landschaft etwas gelangweilt, kam mir eines Tages die Idee, Natur auf ihre Essenz zu reduzieren und mich dabei ganz vom Gegenständlichen zu lösen. Abstraktion also, mit dem Schwerpunkt auf Licht, Farbe und Dynamik. Es sollte der Versuch sein, etwas von den Gefühlen einzufangen, die Natur im Idealfall in mir auslösen kann, ohne auf die Mittel der herkömmlichen Landschaftsfotografie zurückzugreifen. Aber wie mache ich das? “Durch bewegen der Kamera während des Auslösens”, lautete die spontane Antwort. Gedacht, getan! Ich startete also eine längere Versuchsreihe, erst ganz ergebnisoffen, dann immer gezielter. Das Verwenden längerer Belichtungszeiten schien mir evident zu sein. Um diese zu erreichen, ergaben sich automatisch kleine Blendenöffnungen. Dazu ein fester ISO-Wert. Dann wurden verschiedene Kombination aus Blende und Belichtungszeit durchprobiert. Wie war es mit der Brennweite? Hatte der Bildstabilisator Auswirkungen, und sollte ich ihn besser deaktivieren? Ich entschied mich dagegen. Nächste Frage: In welche Richtungen sollte ich die Kamera bewegen? Schnell zeigte sich, dass ich entweder mit vertikalem Verschwenken oder der Drehung um die Objektivachse die besten Ergebnisse erzielte. Relevant sind auch Parameter wie Drehmoment, Beschleunigung, Zeitpunkt des Auslösens und dazu noch eine Portion Glück, denn der Zufall spielt ja immer mit.

Sehr wichtig, ja ausschlaggebend für das Ergebnis ist die Auswahl des Objekts, das ich anvisieren und als Material meines “Malens mit der Kamera” verwenden will. Ich habe meist eine Kombination verschiedener Farbwerte in Vorder- und Hintergrund gesucht. Sehr brauchbar sind Laubwälder (vertikale Schwenks) oder kleine Lichtinseln auf dem Waldboden (kreisförmige Schwenks). Der motivische Ausgangspunkt für mein „Zielfoto“ war buntes Herbstlaub vor blauem Himmel. Es ist ein typisches “Rotationsbild”, und in diesem Fall kommt als externe Inspirationsquelle noch das Gemälde “The Morning after the Deluge” von J.M.W. Turner hinzu. Die Anregung ist natürlich rein formal, äußerlich haben die Bilder nichts gemeinsam.

Dass eine bekannte Fotozeitschrift aus dem Heise-Verlag das Verfahren einige Zeit später in einem mehrseitigen Artikel ausführlich beschrieb und als „mal etwas Neues“ empfahl, hat mich damals tatsächlich ein wenig geärgert. Hey, das war meine Idee! Letztlich konnte mich aber die Tatsache trösten, dass ich von alleine darauf gekommen war und viel Freude an den Ergebnissen hatte. Geblieben ist die Erkenntnis, dass man sich nichts ausdenken kann, auf das andere Leute nicht auch kämen. Ich habe mir sagen lassen, dass die Technik inzwischen sogar einen eigenen Namen hat: “Intentional Camera Movement”. Meinetwegen! Bei mir heißt sie trotzdem weiterhin “Bewegte Kamera”.

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Autor:in
Andre Möller
Aktiv im Ruhestand aus Wolfenbüttel
Ich fotografiere seit meiner Jugend in den frühen 80ern, damals mit Minolta, momentan mit Olympus. Weil es Spaß macht, bin ich auch heute noch immer mal wieder analog unterwegs, meistens mit einer Leica M3 oder meiner alten Minolta X500. Ich sehe mich als "Gelegenheitsfotograf", der auf Reisen oder Wanderungen mitnimmt, was ihm vor die Linse kommt (also nichts allzu Geplantes).
Ich fotografiere seit meiner Jugend in den frühen 80ern, damals mit Minolta, momentan mit Olympus. Weil es Spaß macht, bin ich auch heute noch immer mal wieder analog unterwegs, meistens mit einer Leica M3 oder meiner alten Minolta X500. Ich sehe mich als "Gelegenheitsfotograf", der auf Reisen oder Wanderungen mitnimmt, was ihm vor die Linse kommt (also nichts allzu Geplantes).

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