Jetzt setz dich mal genau da hin, du komischer Vogel!

Eine Story von Ralf Wentz
25.07.2023

In dieser Story

Eines von vielen aber dennoch einzigartig

Ich weiß: Es gibt mehr Bilder von Eisvögeln wie Sandkörner am Strand von St. Peter Ording. Trotzdem ist dieses für mich ein ganz besonderes. Als ich vor einiger Zeit mit der Fotografie von Tieren begonnen habe, dachte ich, ich durchlaufe nur eine Phase. Eigentlich hab ich sowieso erst mit der Pandemie begonnen zu fotografieren – ein Schicksaal, dass ich wohl mit vielen Hobbyfotografen teile. Tiere? Never ever. Ich doch nicht. Hab ich keine Geduld für. Hätte mir jemand 2019 gesagt, dass ich mal mehrere Stunden im Gebüsch sitze und mich von Stechmücken foltern lasse, nur um dieses oder jenes Tier abzulichten – ich hätte ihn für verrückt erklärt.

Leberwurst und andere Hobbys

Oft kommt es anders als man denkt und da mir Spaziergänge und frische Luft gesundheitlich zuträglich sind, hab ich nach und nach doch Gefallen an der Wildlife-Fotografie gefunden. Derweil würde ich es meine größte Leidenschaft, neben Leberwurst und Weinschorle (ich bin Pfälzer, das ist genetisch bedingt) nennen. Und wenn man ein echter Wildlifer sein möchte, darf natürlich auf keinen Fall der Eisvogel im Portfolio fehlen! Zumindest suggerieren einem das Instagram und co. Leider sind diese wundervollen Wesen selten, scheu und blitzschnell, sodass ich davon ausging, ich müsse mir erstmal ein Tarnzelt besorgen, mich in irgendwelchen Seminaren weiterbilden und dem Vogelgott ein Opfer bringen, bevor mir das Glück eines Eisvogelbildes beschert würde. Ein zeitlicher Aufwand, den ich nur in den Ferien stemmen kann.

Der Vogelbeschwörer in seinem Element

Heute begann endlich mein Urlaub! Und hell yes! Ich war vorbereitet! Ich kenne ganz grob die Gebiete. Ich weiß wie die Eisvögel jagen. Ich hatte meinen Tarnanzug im Rucksack, die Wanderschuhe, das Fernglas, ein Vesper – und so bin ich losgezogen! An einem Altrheinarm hier in der Region angekommen, hab ich mich erstmal kurz hingesetzt um eine zu rauchen und mich auch mental auf mehrere Stunden Ansitzen vorzubereiten. Da ich tief im inneren aber immer noch der ungeduldige Mensch bin, der ich immer schon war, entglitt meinen Lippen der Satz: “Sodele, hier wären wir. Jetzt kommste mal hier vorbei und setzt dich auf den Ast da, du komischer Vogel!” Was soll ich sagen: Hat er gemacht. Umgehend! Binnen nicht mal einer Minute ist ein Eisvogel wenige Meter vor mir gelandet und hat mich gemustert. Ich war mir sicher, er würde direkt weiterfliegen wenn ich zur Kamera greife, außerdem musste ich für den Bruchteil einer Sekunde darüber nachdenken ob ich übersinnliche Kräfte habe – was ich nach Abschwellen des Adrenalins schnell verneinen konnte. Er blieb sitzen. Mehrere Minuten, obwohl ich erstmal die Kamera hochnehmen, den Objektivdeckel abnehmen musste usw. Zu allem Übel hatte ich auch noch eine – für mich – neue A7RIV dabei, die keinen Vogelaugenfokus hat und sich eine gefühlte Ewigkeit geweigert hat das Vögelchen in den Fokus zu nehmen.

Ich hätte euch jetzt gerne erzählt, dass ich für mein Zielfoto stundenlang, schwitzend im Dreck gelegen habe. Dass die Eisvogelfotografie nur etwas für Profis oder die direkten Nachkommen von Heinz Sielmann ist. Aber manchmal … findet auch ein ungeduldiges Huhn ein Korn!

Autor:in
Ralf Wentz
Musiker aus Speyer
Berufsmusiker, Hobbyfotograf, Wildlifer...
Berufsmusiker, Hobbyfotograf, Wildlifer...

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Diskussionsbeiträge (2)

12.08.2023, 13:12 Uhr
Frank Offermann
12.08.2023, 13:12 Uhr
Verrückte Story und sehr schönes Bild: Klasse! Gruss Frank
08.08.2023, 00:50 Uhr
Christoph Mertens
08.08.2023, 00:50 Uhr
Hallo Ralf,

eine sehr schöne Aufnahme. Deine Geschichte hatte wohl einen glücklichen Anfang. Ich habe schon mit dem Kopf geschüttelt, als ich las, dass du erstmal eine geraucht hast. Offenbar hat der Eisvogel sich vom Rauch nicht gestört gefühlt oder du warst so entspannt, dass er durch keine Bewegung gestört wurde. Persönlich bin ich noch an meinem Projekt „Eisvogel“ dran. Mir kam es auf einer meiner letzten Touren auch vor, als wären diese scheuen Vögel auch ein Stückweit neugierig oder zumindest interessiert. Denn ohne es zu erwarten hat sich ein Exemplar in gut drei Meter Entfernung vor mir abgesetzt. Ich hatte jedoch nicht das Glück noch zu fokussieren, für den Autofokus war zu viel Gras im Weg und als ich manuell fokussierte war meine Chance vorbei.
Ich hoffe sehr, dass ich schon bald eine andere Story hier zu teilen.
Viele Grüße,
Christoph M.
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