Milky Way am Karersee

Eine Story von Horst Fuchs
27.09.2024

In dieser Story

Es war eine dieser Nächte, die man lange im Voraus plant und sich erträumt – mein erster Versuch, die Milchstraße am Karersee mit dem Latemar-Massiv im Hintergrund zu fotografieren. Der Zeitpunkt schien perfekt: Fast Neumond, also kaum Lichtverschmutzung, und der glasklare See, der sich im Dunkel der Alpen wie ein Spiegel vor mir ausbreitete, bereit, das funkelnde Himmelszelt über sich aufzunehmen.

Ich hatte meine Sony A7 IV und das Sigma 16-28 f2.8 fest im Griff. Das Gefühl, als ich das Stativ in den Boden drückte, die Kamera ausrichtete und die ersten Einstellungen vornahm, war eine Mischung aus Aufregung und Vorfreude. Ich wusste, dass die Bedingungen perfekt sein mussten, um die Sterne klar und scharf einzufangen, ohne dass sie zu hell oder verwischt wirken.

Die Nacht war still, bis auf das gelegentliche Klicken von Fernauslösern. Andere Fotografen hatten sich auch am See eingefunden, um ihr Glück zu versuchen. Man sah kaum Gesichter, nur Silhouetten, die sich mit Kameras und Stativen leise von einer Position zur nächsten bewegten, als ob wir uns in einem stillen Tanz mit der Nacht befanden. Jeder von uns suchte diesen magischen Moment, in dem sich die Milchstraße in ihrer ganzen Pracht zeigte.

Ich begann, mit der Belichtungszeit und dem ISO-Wert zu spielen. 10 Sekunden, ISO 3200 – die Sterne blitzten wie Diamanten auf meinem Display, doch zu viel Rauschen störte die Aufnahme. 15 Sekunden, ISO 1600 – klarer, aber einige der Sterne zogen schon leichte Spuren. Es war ein schmaler Grat zwischen einer perfekt ausgeleuchteten Szenerie und dem Risiko, die Bewegungen der Sterne als unscharfe Linien zu erfassen.

Doch je weiter die Nacht fortschritt, desto mehr Wolken zogen auf. Anfangs waren es nur ein paar Fetzen, die sich sanft vor die Sterne schoben, fast als wollten sie nur kurz grüßen, bevor sie wieder verschwanden. Aber mit jeder Minute verdichtete sich die Wolkendecke mehr. Ich überprüfte das Display: Die Wolken verzogen sich nicht, und das galaktische Zentrum, das ich so sehnlichst hinter dem Massiv erhofft hatte, lag unsichtbar, versteckt hinter den Gipfeln.

Ein leises Raunen ging durch die anderen Fotografen, als ob wir alle gleichzeitig das Gleiche erkannten – die Nacht würde uns nicht das Bild schenken, das wir uns erhofft hatten. Einige packten bereits ihre Ausrüstung zusammen, aber ich blieb noch eine Weile. Der See lag immer noch vor mir, die Bergspitzen des Latemar-Massivs ragten majestätisch in die dunkle Nacht, und auch wenn die Milchstraße heute nicht perfekt eingefangen werden konnte, war der Moment nicht weniger magisch.

Ich nahm noch ein paar letzte Aufnahmen, trotz der Wolken und trotz des galaktischen Zentrums, das sich vor uns versteckt hielt. Und vielleicht war es nicht das Bild, das ich ursprünglich im Kopf hatte – aber es war ein Erlebnis, das mir zeigte, dass manchmal nicht das perfekte Ergebnis zählt, sondern die stille Verbindung zwischen uns, der Kamera und dem Universum.

Und so stand ich da, am Ufer des Karersees, mit der Kamera in der Hand, die ersten Wolken im Bild und die Erinnerung an diese besondere Nacht, die ich nie vergessen würde.

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Autor:in
Horst Fuchs
Software Product Manager aus Roggenburg
Fotografiebegeistert seit 40 Jahren. Erfahrung analog und digital. Semiprofessionell über 10 Jahre als Hochzeitsfotograf tätig. Momentan Fokus auf Landschaften und künstlerische Fotografie.
Fotografiebegeistert seit 40 Jahren. Erfahrung analog und digital. Semiprofessionell über 10 Jahre als Hochzeitsfotograf tätig. Momentan Fokus auf Landschaften und künstlerische Fotografie.

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