Oft merkt man die Qualität einer Kamera , wenn man sie vermisst. Ich habe zuletzt meine Canon PowerShot liegengelassen und mir fehlte:
ein kleines Allroundwerkzeug IMMER dabei zu haben mit sehr vielen nützlichen Features wie HHS Blitz, el. NR Filter, IS an Bord. Vor allem ihre Lichtstärke von F1.8 - 2.8 über eine Brennweite von 24-120mm mit Makrofunktion, die sehr gute Teledarstellung mit gelungenen Unschärfeübergängen für plastische Bildwirkung und das herausragende Farb- und AWB-Management sind hervorzuheben.

Das XF18-55/2.8 OIS hat in der Fuji Community einen sehr guten Ruf und kommt in der Regel im Package mit den XT Kameras. Ich kann den guten Ruf nur teils nachvollziehen und halte die Linse für eine Diva - sie kann zaubern, aber das ist selten. Was sie exzellent kann, ist warme, schöne, seidenglänzende Farbchromatik (Bild1), People und schönes Bokeh (beides s. Bild2), der Bildstabilisator OIS ist nützlich (Bild3). Aber: Auflösung, Kontrastreichtum und generell plastische Bildwirkung kann sie leider nicht: viele Bilder geraten flau und ausdruckslos, besonders je weiter das Motiv entfernt ist bzw die Brennweite am langen Ende - Bilder 5+6 zeigen dasselbe Motiv bei f4 vs Sigma 18-50/2.8 (an der Sony A6400). Die Ecken sind kümmerlich bei allen Blenden. Mein Exemplar war deutlich dezentriert (s. Bild4 rechte Hälfte), was vom Fuji Service nicht wirklich behoben wurde. Da nun so viele User darauf schwören, meines aber wirklich keine Bank ist, gehe ich davon aus, dass es breite Qualitätsstreuung gibt. Ich kann mich nicht aufraffen, Lotterie zu spielen (im Gebrauchtmarkt) und werde es daher vllt. über kurz oder lang durch das Sigma 18-50/2.8 Fuji ersetzen. Wer es im Pack mit einer XT mitbekommt, hat vllt Glück in der Lotterie und freut sich über einen schön abbildenden, handlichen, kleinen und stabilisierten Allrounder.

Neben dem XF16/1.4 mein Lieblingsobjektiv im XF lineup. Zarte, samtige aber präsente Farbgebung und -konturen, wunderschöner Schärfeverlauf mit sozusagen 3-D Anmutung. Für Portrait - gleichsam Dinge (Bild1) und Menschen (Bild3) - aber auch Landschaft (Bild2) optimal geeignet. Die Unschärfekreise haben leichte Zwiebelringe, was Viele überhaupt nicht mögen, ich jedoch durchaus (vllt weil sie an ältere Objektive aus der analogen Zeit erinnern?) und wenig Katzenaugen-Charakter zum Rand hin (Bilder 4+5). Der AF ist ausreichend schnell, bei schnellem Shooting wird er aber an seine Grenzen kommen.

Es fallen mir keine Kritikpunkte zu diesem Objektiv ein: eine fulminante Auflösung, eine außergewöhnliche Schärfe bereits ab Offenblende, wahnsinnig schöne, klare und eher warme Farbgebung (ok, das haben haben fast alle XF Objektive), eine extreme, fast Makro- Nahgrenze, angenehmes Bokeh, hervorragende Haptik, dennoch nicht übermäßig schwer und groß. Alle diese Eigenschaften laden zu Kreativität ein, und es ist kein Fehler allein mit dieser Linse loszuziehen, und was im ersten Moment nach Beschränkung anfühlt, ist tatsächlich eine - kreative - Befreiung, man sieht anders, man gestaltet ungewöhnlich. Sometimes you just want to fool around with it! (Blendenwerte: Bild1-f2; 2-f6,4; 3-f4; 4-f3; 5-f1,4; 6-f1,8)

Neben der wunderbaren Haptik eines echten Fotoapparats hat die Fuji X100er Serie eine Reihe echter Key Features, für mich sind das der Leaf-Shutter sowie der eingebaute ND Filter. Mit dem ND Filter haben wir die Möglichkeit, spontan die Belichtungszeit so zu verlängern, dass wir mitten am Tag Bewegungssunschärfe durch längere Belichtungszeiten (Bild 1 u. 6) oder Entfernungsunschärfe (also Bokeh - Bild 2) durch Offenblende erzielen. Der Ringverschluss (Leaf Shutter) erlaubt zudem Blitzsynchronisation über alle Belichtungszeiten (Bild 1 u. 6). Beides kombiniert kann man im Grunde ein ganzes Film- der Fotostudio in diesem kleinen Apparat in der Hand halten. Das Bokeh empfinde ich schön (Bild 3), abgeblendet ist die kleine Fuji auch voll für Landschaft geeignet. Zahlreiche weitere Goodies wie der Hybridsucher (elektronisch für genaue Komposition, optisch für Street) sind mit an Bord. Wenn ich alle meine Fotos durchblättere, fällt mir auf, dass mit Abstand die meisten guten, interessanten Fotos mit der X100 entstanden - weil sie klein und immer dabei ist, dabei ein Power House ist und inspirierend wirkt.

Nach dem mich beschlossen hatte, meine Leica Ausrüstung wegzugeben (macht auf Dauer keinen Spaß, dieses sehr teure Zeug bei Reisen immer im Auge zu behalten - wer mal allein schon ein Objektiv im Wert von 2000€ in einem Restaurant in Barcelona vergessen hat, auch wenn's gut ging, weiß Bescheid), suchte ich nach einem "Fun System" und wurde bei Fuji fündig, da ich schon die X100 kannte. Habe mir daher die damals schon ältere XT-20 günstig online in Spanien geschossen (550€ inkl. XF18-55). Und ja, der "Fun Faktor" ist absolut vorhanden, ich greife selten zum Sony System, wenn ich Lust habe, loszuziehen. Da sind die Filmsimulationen, die wirklich überzeugend sind und vor allem mir Zeit schenken, die ich vorher reichlich mit Lightroom vertan habe. Da sind so praktische Wahlräder u.a. für Bracketting (2-fach, Bsp. s. Bild1), Panorama usw, die man, weil sie nicht in Menüs vergraben sind, auch nutzt. Da ist der Füllblitz, der sehr gut steuerbar ist (Bild4) und wirklich nice to have ist und entsprechend oft zum Einsatz kommt. Der AF ist so là-là, weit von einer Sony A6400 entfernt, ja, dennoch reichen mir die ca 70% Treffer (man muss einfach beherzt abdrücken!). Allerdings greife ich, wenn ich dynamische Situationen mit People habe und verlässliche Resultate haben möchte dann doch zur Sony. Die Haptik ist für mich (kleine Hände) sehr, sehr gut und die Kombi mit dem (alten) XF35/1.4 kommt nahe an meine alte Canon 5D + EF 50/1.4 heran, ist dabei aber nochmal ein ganzes Stück kleiner und leichter, und das ist für mich das wichtigste Kriterium. Was fehlt, ist der Joystick, man kann einstellen, dass man ihn sozusagen auf einen F-Button legt. Dennoch kommt es aber oft vor, dass man sich in der Eile vertippt, und dann sitzt der Fokus irgendwo, nur nicht, wo er sein soll. Hat mir einiges an Ausschuss beschert, man kann den Fokus aber auch per Touch setzen, das klappt meistens ordentlich. Mein Fazit: die kleine Kamera hat Charakter und kann eine Emotionalität entwickeln, mit der ich einfach mehr Ideen habe als mit einer 0815 Kamera.